Tango DJ?
“It is obvious that disc-jockeys, as a class, are essentially parasitic.
We are, with lamentably few exceptions, neither creative nor productive.
We have, however, manipulated the creations of others (records)
to provide ourselves with reputations as arbiters of public taste.”
John Peel, britische DJ-Legende
aus: DJ-Workshop El Corte (pdf)
Aus Sicht der meisten Milongabesucher spielt ein Tango-DJ eine eher untergeordnete Rolle.
Es gibt viele Faktoren, die die Attraktivität einer Tangoveranstaltung ausmachen.
Der Saal, das Ambiente, die Community, sich der Szene zugehörig fühlen, Freunde treffen,
eine grosse Auswahl an Tanzpartnern, verkehrsgünstige Lage, guter Boden usw.
Nichts zieht mehr als schöne, gut gefüllte Räumlichkeiten, egal welche Musik gespielt wird.
Klingt vielleicht bitter für uns Traditionalisten, aber es ist nach meiner Erfahrung so:
Tänzer kommen selten wegen guter Musik, und schon gar nicht wegen eines guten DJs!
Die wenigen, aus meiner Sicht natürlich erfreulichen Ausnahmen haben wir Veranstaltern
und Lehrern zu verdanken, bei denen Liebe zu traditioneller Musik und die Fähigkeit,
diese auch in den Tanzunterricht einfliessen zu lassen, vorhanden ist, und die es sich
leisten können, ihrer Liebe auch unter Marketingaspekten treu zu bleiben –
manchmal verdammt schwer.
Daher kann ich keinem Veranstalter einen Vorwurf machen, dem die Qualität der Musik
nicht so wichtig ist – von Tanzabenden kann keiner leben, im Gegenteil, sie sind aber als
Kundenservice oft eine wichtige Ergänzung zum Kursprogramm.
Also liesse sich die Frage, was ein Tango-DJ ist, aus Sicht der noch(?) überwiegenden Mehrheit
der Tänzer und Veranstalter leicht beantworten: “Der Typ, der da irgendwelche CDs laufen läßt.”
Ich spiele dabei folgende Rolle:
Begnadete Künstler längst vergangener Tage werden mit geeigneter Technik und
abwechslungsreicher Programmgestaltung so präsentiert, daß ihre Musik die Tänzer berührt,
sie mitreisst und die gefühlvolle Lebendigkeit spüren läßt, die den Tango auszeichnet.
Für mich kommt Tango von tangere und bedeutet “ich berühre.”
Die Musik drückt Bewegung und Berührung aus und macht deren Energien hörbar.
Die Bewegungen und Berührungen der Tänzer machen wiederum die Musik sichtbar.
Dabei verstehe ich mich als Medium, sozusagen eine Pipeline, durch die Energie fließt.
Es ist nicht meine Energie, ich kann sie lediglich kanalisieren und so wirken lassen,
daß sie möglichst viele Tänzerinnen glücklich macht.